So einen Stress hatte Vincent sich noch nie gemacht, mit einem Mädchen, dass er am gleichen Tage erst kennen gelernt hatte und so anstrengend war. Aber genau dieses Anstrengende reizte ihn so an Mercedes. Im Grunde genommen, war es doch von anderem Geschmack, als sich nur volllaufen zu lassen und rumzuhuren, wenn auch keinen unterhaltsameren. Er strich ihr sanft über das Haar und musterte sie, wie sie so in seinen Armen lag, offenbar ohne den Willen sich überhaupt wieder weg zubewegen.
"Gut, okay. Wieder setzen?", fragte er und klang dabei wieder etwas weicher.

Diese sanfte Berührung beruhigte sie unglaublich, obwohl sie sich immernoch nicht sicher war, ob sie ihn noch in ihrer Nähe wollte, warum er überhaupt blieb.
"Du musst nicht hierbleiben, wenn ich dich so sehr nerve...." murmelte sie betreten und versuchte sich wieder aufzurichten.

Während sie sich aufrichten wollte, stützte Vincent das Mädchen noch und nahm dann die Hände von ihr, um diese fast schon abwehrend von sich zu halten. Er wollte sich ihr immerhin nicht aufzwingen.
"Ich hab nie gesagt, dass du nervst und das ist auch Unsinn." Er verkniff sich ihr vorzuhalten, dass sie ihn anstrengte, das war doch etwas sehr taktlos, wo sie sich doch wieder beruhigt hatte, zumindest ein bisschen. So oft wie die beiden diesen Abend schon zwischen guten und schlechten Gemütern gewechselt hatten, kam es Vincent wirklich beinahe vor, als wären sie bereits zusammen und das schon länger.
"Also, willst du dich setzen, Mercy, oder soll ich dir noch ein Wasser holen? Zigarette?"

Missmutig sah sie ihn an, als er sie wieder aufrichtete. Entweder hatte er einfach ein Helfersyndrom oder Wechsellaunen. Aufjedenfall wollte sie ihm nicht mehr vertrauen, was er sagte, seine Abweisung lag ihr immernoch fest im Kopf und warf einen schwarzen Schatten über ihr Gemüt. Sie seufzte tief und überschränkte die Arme.
"Ein Wasser wär toll..." murmelte sie betreten.

"Mmh, dann muss ich wieder rüber. Willst du hier bleiben oder mitkommen? Würdest du das überhaupt schaffen?" Er war sich nicht sicher, in welcher Verfassung sie jetzt war, aber eigentlich würde er das Mädchen eher ungerne allein zurücklassen. Vor allem in einer Verfassung, in der sie nichtmal mit zu einem Stand kommen könnte. Ihre Flasche von gerade müsste hier auch noch irgendwo sein, aber es käm wohl nicht ganz so gut, wenn er einfach die alte vom Boden auflesen und ihr geben würde..

"Nein, ich schaffe es, allein zu sein" sagte sie fast etwas pikiert, sie fühlte sich einfach übermuttert von ihm und das passte ihr einfach nicht. Sie entfernte sich etwas von ihm und stiess einen Stein weg, der einen Meter weiter weg flog, bevor sie weiterlief und sich auf einer Bank niederliess und die Beine überschlug.

"Toll, sie ist schon groß...", murmelte er leise vor sich hin, während er sich auf den Weg zu einem Stand machte. Nach dem kleinen Vorfall waren die Feierlustigen nicht weniger geworden und auch der Stand zeugte wieder von seiner anfänglichen Überfülltheit. Nachdem er zwei Flaschen besorgt hatte, ein Bier und ein Wasser, zündete er sich eine Zigarette an und wanderte zurück zu Mercedes, die dort auf der Bank saß. Der Auror öffnete ihre Flaschemit dem üblichen Fingerzeig, während er die Kippe zwischen seinen Lippen verstaute, und hielt sie ihr hin. Dann öffnete er auch seine eigene und tätigte noch einen Zug, ehe er ein paar große Schlücke des Getränks nahm. Ein 'Bitte' war das Einzige, was er sagte, er wusste nicht, was er mit ihr anfangen sollte. Eine Aufmunterung fiel ihm nicht ein.

Still nahm sie die Flasche entgegen und presste die Lippen zusammen. Sie verstand nicht, warum sie immer so ein Pech mit Männern hatte. Immer wurde sie abgewiesen, egal wie nett und wie charmant sie war, dabei sah sie doch gar nicht schlecht aus? Sie hatte sich doch extra soviel Mühe gegeben und sich sogar dreimal umgezogen.
Trotzdem schien sogar ihr Bestes nicht gut genug zu sein. Tief schniefte sie auf, während sie versuchte, jetzt nicht anfangen zu weinen, aber das war immer so leicht gesagt, denn sie konnte nicht die Tränen davon abhalten, über ihre Wangen zu laufen. Bedrückt hielt sie die Luft an und hoffte, dass er es nicht merkte.

Bei dem Schniefen wäre er beinahe zusammen gezuckt. War ihr kalt? Die Situation war wirklich mehr als unangenehm, das Schweigen und vor allem Mercedes Bedrücktheit. Gehen konnte Vincent ja auch nicht einfach, auch wenn er jetzt am liebsten verschwunden wäre. Ein Notruf, der seine Arbeit forderte, sowas in der Art würde er jetzt brauchen. Er beugte sich ein wenig runter, um ihr ins Gesicht zu sehen, oder zu erkennen, ob sie vielleicht zitterte. Wenn er ihr sein Sakko gab, würde sie eventuell sogar verstehen, dass er sie gar nicht so nervtötend fand, wie sie dachte. Doch ihn überraschten Tränen, die über ihre Wangen liefen, das leichte Glänzen im dämmerigen Licht verrieten sie. Hatte er sich derart daneben benommen? Oder bedrückte sie sogar noch etwas ganz anderes? Vielleicht war es auch einfach der Alkohol. Ja, Alkohol brachte viele Mädchen zum weinen.
"Was ist denn los?", fragte er und richtete sich wieder auf, nahm einen Schluck seines Getränks und wandte sich auch seiner Zigarette zu, sodass seine Frage fast schon beiläufig wirken musste.

Sie bemerkte, dass es ihm auffiel und vorest war ihr es ihr unheimlich peinlich, aber seine Worten regten sie auf. Ungläubig sah sie zu ihm auf, das war zuviel für sie. Tief nach Luft schnappend stand sie auf und haute ihm gegen die Brust. "Was los ist? Was los ist? Hast du noch was anderes zu sagen? Zu mir die ganze Zeit so zu sein und mich jetzt zu behandeln wie ein Kind und mich zu blamieren und jetzt fragst du was los ist? Du fühlst dich wohl cool, aber du bist nicht halb so cool, wie du denkst!" schrie sie entrüstet und ihr Gesicht lief schon rot an, während sie ihn wütend und verletzt anfunkelte.

Der plötzliche Wutausbruch verdutzte, erschrak Vincent regelrecht. Als sie ihm vor die Brust schlug, zuckte er zusammen und während sie schrie, legte er die Zigarettenhand auf die Stelle, während er sie mit geweiteten Augen ansah. Entweder reagierte sie völlig über oder es war noch irgendetwas anderes, was sie fertig machte oder er hatte sich wirklich schlecht benommen. Aber so grausam war er doch gar nicht, war er doch nicht! Oder? Als sie ausgeschrieen hatte, starrte er sie noch einen Moment an. Tatsächlich war er sprachlos, öffnete den Mund um was zu sagen, schloss ihn wieder und zog die Augenbrauen wie verzweifelt zusammen. Dann ließ er ein Geräusch von sich, das einem Keuchen ähnelte und redete sich noch ein Stücken weiter in die Misere:
"Ja was... Hab ich denn jetzt genau falsch gemacht?"

Dass er so geschockt reagierte, beruhigte sie fast ein bisschen, verdient hatte er es alle male. Frustiert schnaufte sie auf und ballte die Fäuste, als er dann auch noch so eine Frage stellte. Tief sog sie die Luft ein, um weiter zu schreien. "DU BEMUTTERST MICH DIE GANZE ZEIT! Wenn du kein Interesse an mir hast, ist mir das einerlei, aber dann tu nicht so!" schnaufte sie wütend und verzog das Gesicht.

Vincent nickte und kratzte sich mit kleinem und Ringfinger am Kinn, weil die Zigarette zwischen Mittel- und Zeigefinger mittlerweile verglühte. Den Mund verzog er, etwas wirsch, genauso wie er sich gerade fühlte. Langsam meldete sich sein Stolz zu Wort, er sah sich noch immer im Recht, schließlich meinte er es nur gut mit ihr. Vielmehr beschäftigte den Auror jedoch der letzte Satz. Es war zweifelsohne nicht so, dass er sich nicht für Mercedes interessierte, im Gegenteil. Aber er musste nunmal vorsichtig sein. Sollte er jetzt widersprechen? Damit würde er schon extrem einlenken, sich klein machen und seine stolze Art verleugnen.
Es war einfach scheiße. Diese Situation war scheiße, und dieses Mädchen machte ihm scheiß Probleme.
"Scheiße." Er warf die Kippe auf den Boden und trampelte grob darauf herum, es machte ihn wütend. Wieso machte er sich diesen Stress überhaupt!? Nun nahm er zügig ein paar große Schlücke von dem Bier, inzwischen war es fast leer. Seine Stimme wurde laut und erboßt, jedoch schrie er nicht:
"Weißt du was? Weißt du wieso ich dich 'bemuttere'?" Beim letzten Wort äffte er sie auf grenzdebile Art nach. "Weil ich verdammt nochmal Interesse HABE, aber soll ich denn machen, verdammte Scheiße!?"

Tief atmete sie durch Nase ein und aus, um sich etwas zu beruhigen, sie wusste dass es nicht gut für sie war, sich derartig aufzuregen, obwohl es kurzzeitig gut war.
Sie schreckte erschrocken zusammen, als Vincent so laut wurde und sah ihn völlig verschreckt an. Erst konnte sie seine Worte gar nicht verarbeiten, da sie sosehr verschreckten, aber als sie sie verstand, sah sie ihn ungläubig und verwirrt an. "Was... was.... warum weisst du nicht... was du machen sollst...?" fragte sie zögerlich und wirkte wie ein verschrecktes Reh.

Als sie so zusammen schreckte, tat es Vincent schon wieder Leid, dass er laut wurde und rumfluchte. Er drückte sich die freie Hand auf auf die Stirn und sammelte sich für die Frage die Mercedes stellte. Dann glitt seine Hand über sein Gesicht und zog die Wange etwas nach unten, sodass er für einen Moment ein bisschen idiotisch aussah.
"Tut mir Leid." Es brach ihm fast das Herz: Fehler eingestehen und dann auch noch entschuldigen. Was machte das Mädchen nur mit ihm? Er stellte das Bier auf den Boden, woraufhin es umkippte, aber das resgistrierte er gar nicht, weil er sich schon wieder aufrichtete, die Arme verschränkte und musterte sein Gegenüber mit schief gelegetem Kopf.
"Es tut mir Leid, wie ich mich verhalte, Mercy", erklärte er genauer. Auch, um ihrer Frage aus dem Weg zu gehen. Denn wenn er nun wieder ausführen müsste, was sein Problem mit ihrem Alter war, würde sie sich womöglich wieder wie ein Kind behandelt fühlen. "Ich wollte dich nicht wie ein Kind behandeln."

Als er sich entschuldigte, anstatt ihr die Frage zu beantworten, verzog sie missmutig den Mund und überschränkte die Arme.
Seine Entschuldigung besänftigte sie zwar, aber sie war immernoch skeptisch. "Du machst es mir schwer, dir zu vertrauen, wenn du mich nichtmal so ernst nimmst, um überhaupt meine Frage zu beantworten..."

Wie frustrierend, dass sie nicht zur Kenntnis nahm, was für ein schmerzhafter Schritt das gerade war und wie dumm er sich jetzt vorkam. Am Ende hätte er sich gar nicht entschuldigen brauchen, das wäre die Höhe gewesen.
"Tja, was soll ich sagen, was soll ich machen...", murmelte Vincent irgendwie abwesend und überlegte, wie er jetzt antworten sollte. Aufgeben wollte er jetzt sicherlich nicht, er hatte das Gefühl, dass gleich alles eingeränkt sein könnte und es wäre eine Schande, an einem Mädchen so zu verzweifeln. Wie er an Vanessa verzweifelt war und es noch immer tat.
"Du bist sechzehn und ich fünfundzwanzig. Es ist verboten", sagte er knapp, aber fügte hinzu: "Ich hätte dich gerade nur zu gern geküsst, Mercy." Im Innern Vincents verkrampfte sich alles. Deutlicher konnte er nicht mehr werden, er wurde immer einlenkender und das schmeckte ihm so gar nicht.

Sicher wusste sie, wieviel Überwindung ihm die Entschuldigung gebraucht hatte, aber sie meinte, dass er das mindestens verdient hatte. Etwas verwundert beobachtete sie seine Zerstreutheit, während sie sich durchs Haar fuhr.
Aber sie erstarrte in ihrer Bewegung, als sie seine Worte hörte und sah ihn aus großen Augen an. Nur langsam löste sie sich aus ihrer Starre und legte ihre Hand an seinem Arm, während sie einen Schritt näher zu ihm ging. "Ist... es doch gar nicht, und dafür macht Verbotenes viel mehr Spaß" hauchte sie schmunzelnd und der herausfordernde, feixende Ausdruck kehrte in ihre Augen zurück, als sie seine Augen fixierte.

Er hatte es geschafft! Nun, er hatte es wohl eher vom Regen in die Traufe geschafft, denn jetzt hatte er das gleiche Problem noch immer. Für ein paar Sekunden sah er sie nur nachdenklich an, pendelte zwischen Vernunft und Hingabe. Ihren Blick fand er einfach unwiderstehlich. Er fand sie einfach unwiderstehlich, wie konnte es anders sein, wo er sich so einen Stress um sie machte. Und dann kam der Punkt, an dem er seine Vernunft beiseite schob. Was machte schon ein kleiner Kuss?
Er lößte einen Arm aus der Verschränkung, griff sanft nach einem ihrer Oberarme, zog sie näher zu sich heran und küsste sie.

Das ihr erneuter Annäherungsversuch angenommen wurde, wusste sie nicht und war sich immernoch etwas unsicher, bis er seine Arme löste und zu sich zog und im nächsten Moment küsste. Diese Reaktion hatte sie doch nichtmehr eingerechnet und war dementsprechend so überrascht, dass sie erst still hielt, bevor sie langsam ihre Augen schloss und zögerlich sanft ihre Hände auf sein Gesicht legte und den Kuss zuerst zurückhaltend erwiderte. Langsam liess sie ihre Hände in seinen Nacken gleiten und krallte sich sanft in seine Nackenhaut, während sie den Kuss vertiefte, sie nahm diese Chance sehr ernst.

Zunächst ließ er seine Hand auf Mercedes Arm, bis die ihren auf seine Wangen legte. Für die niedliche Zurückhaltung, grinste er ein wenig in den Kuss hinein und strich schließlich mit den Händen von ihren Armen hinüber zu ihrer Taille und schob sie auf den Rücken, um das Mädchen noch ein wenig näher zu sich zu ziehen und mit den Fingerspitzen darüber zu fahren. Auf die Vertiefung des Kusses ging er sanft ein, ihre Fingernägel jagten ihm eine angenehme Gänsehaut über den Körper und er drückte Mercy noch näher an sich ran. Es fühlte sich irgendwie anders an, womöglich weil sie sich vorher gestritten hatten und es wie eine Versöhnung war, was dem Kuss wesentlich mehr Tiefe gab, als die gewöhnlichen Feierliebkosungen.

Widerstandslos liess sie sich von ihm näher ziehen, zog sich fast selbst näher an ihn. Mercedes war vollkommen in den Kuss vertieft und bekam nichtsmehr von ihrer Umwelt mit. Langsam strich sie von seinem Hals zu seinen Schultern und strich zärtlich über seinen Anzug, so ganz sicher war sie sich immernoch nicht, wie weit er gehen wollte und blieb zögerlich dabei, den Kuss sanft zu vertiefen.

Er hätte nicht gedacht, dass sie so zögerlich sein würde und wenngleich er mit Vorliebe weiter gegangen wäre, löste er den Kuss langsam und besonders sanft, drückte ihr noch einen letzten auf die Lippen. Er löste jedoch nicht die Umarmung, blickte sie an. Mit der einen Hand fuhr er ihr nach einem Moment durch das Haar und lauschte ihrem Atem, auch wenn er seinen eigenen dabei nicht ausblenden konnte. Dafür aber die schreckliche Musik. Irgendwie kitschig. Und aus irgendeinem Grund war es Vincent Vega ernst. Das bedeutete nichts Gutes.
Was ihm viel mehr unter den Nägeln brannte, war die Frage nach ihrem Befinden, doch, und man lasse es sich auf der Zunge zergehen, er traute sich nicht zu fragen. Er wollte sie nicht wieder bemuttern. Er war auch kurz davor, eine Zigarette rauszukramen, aber auch dieser Schritt wäre ein wenig taktlos. Also wartete er auf ihre Reaktion, fast schon hatte er Angst, dass sie es als Abweisung verstand. Dabei war sein Verhalten genau das Gegenteil.

Dass er den Kuss löste, versetzte ihr erst einen Schock, aber als er nochmal einen Kuss auf ihre Lippen drückte und über ihre Haare strich beruhigte sie wieder. Sie versuchte wieder zu einem neuen normalen Atem zu kommen und kniff die Augen zusammen, als es ihr übel wurde, und zwar so richtig übel. Hastig wand sie sich aus der Umarmung um noch ein paar Schritte weiter zu kommen, bevor sie sich übergeben musste, was ihr wohl so richtig peinlich war.

Als sie sich ein paar Schritte weiter erbrach, schossen Vincent gleich mehrere Gedanken durch den Kopf: Gott sei Dank hab ich den Kuss gelöst. Gott sei Dank hat mein Anzug nichts abbekommen. Mein Gott, hab ich Mundgeruch? Und ein einfaches: Oh Gott, was jetzt? Der Gedanke, den er vertonte, war:
"So schlecht kann ich gar nicht gewesen sein." Im gleichen Moment aber, lief er schon zu ihr hin, mehr als vorsichtig, falls sie ihn treffen könnte, und legte eine Hand auf ihren Rücken.
"Geht's? Wasser? Zelt?" Es war Zeit für Bemutterung.